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Medikamenten-Versorgung für Bluter gefährdet durch neues Gesetz (GSAV)

Am 18.11.2018 wurde vom BGM ein Referentenentwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) veröffentlicht. Jens Spahn hat diesen Entwurf bereits unterschrieben und das Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt. Die IGH, DHG, GTH, BDDH, DGTI wurden bei einer Veranstaltung in Berlin lediglich informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt.

Für die Bluter unter den Betroffenen bedeutet das gravierende Veränderungen.

 

(Erläuterung des Gesundheitsministers zum GSAV)

 

In dem Referentenentwurf des BGM geht es auch um Änderungen im Arzneimittelgesetz (AMG). Es sollen mit Bezug auf die Hämophiliebehandlung Änderungen in §47 (1) 2a des AMG vorgenommen werden. Demnach dürfen zukünftig nur noch aus Blutplasma gewonnene Präparate direkt über die Behandlungszentren abgegeben werden. Alle anderen Medikamente zur Behandlung der Hämophilie müssen dann mit einem Rezept über normale Apotheken bezogen werden.

 

Wir befürchten bei Realisation dieser Gesetzesnovelle einen dramatischen Einbruch in Bezug auf die Qualität und die Sicherheit der Hämophiliebehandlung sowie die flächendeckende Versorgung mit den zur Behandlung notwendigen Medikamenten. Vor allem sehen wir die Notfall- und Akutbehandlung gefährdet, da dann in den Kliniken infolge der neuen Verordnungspraxis keine Medikamentendepots mehr vorgehalten werden. Unvorhergesehene Operationen und die Versorgung nach Unfällen wird dann für alle Hämophiliepatienten zu einem schwierigen und möglicherweise existenzgefährdenden Problem.

 

Die Mehrzahl der Bluter behandeln sich selbst im Rahmen einer Prophylaxebehandlung. D. h. sie spritzen sich alle 2 Tage das Medikament. Nun ist vorgesehen, die Rezeptgebüren zukünftig pro Packung zu erheben. Das bedeutet eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung. Unsere Anfragen bei Apotheken haben ergeben, dass die Medikamentenversorgung  durch diesen Weg zukünftig nicht gewährleistet werden kann. Für die Apotheker würde die Bestellung der sehr teuren Medikamente ein immenses finanzielles Risiko bedeuten, da sie bei der Zwischenlagerung für die Medikamente haften müssten und das Einhalten der Kühlkette bereits bei vielen Apotheken Probleme aufwirft. Die Apotheker würden dann wahrscheinlich nur kleine Mengen (max. 5 Einzeldosen) pro Rezept abgeben.

Beim der heutigen Behandlungspraxis hat jeder Bluter aus Sicherheitsgründen ein größeres Depot seiner Medikamente zuhause. Das würde mit der geplanten Regelung  erschwert oder unmöglich gemacht.

Prophylaktische Behandlung mit der Medikamentenversorgung wie bisher über die Behandlungszentren wäre im GSAV wie früher nur mit aus menschlichem Blutplasma hergestellten Präparaten möglich. Das wäre erneut mit einem Übertragungsrisiko von Infektionskrankheiten verbunden. Die Änderung zusammen mit den Schwierigkeiten bei der Medikamentenabgabe durch Apotheken, wird eine Prophylaxe mit rekombinierten (gentechnologischen) Präparaten sehr erschweren oder unmöglich machen.

 

Im Namen der an einer Blutgerinnungstörung leidenden Patienten, fordert der VOB e.V. den Bundesgesundheitsminister bzw. die Regierung auf, dass geplante Gesetz im Bereich der Hämophilie zürückzuziehen oder zumindest gründlich zu überarbeiten! Für die Patienten wird dadurch die Behandlung  nicht sicherer sondern deutlich komplizierter und für die Krankenkassen auf jeden Fall teurer.

 

Am 17.12.2018 findet eine erste nichtöffentliche Anhörung statt! Die IGH wird dort eine offizielle Stellungnahme des VOB e.V. überreichen. Nach der Anhörung wird sich die Regierung mit dem Referentenentwurf befassen, bevor er schließlich vom Bundestag beraten und beschlossen wird.

 

Es ist also noch Zeit, um weitere Schritte zu unternehmen. Wir empfehlen allen Mitgliedern und Unterstützenden sowohl an das Gesundheitsministerium als auch an die jeweiligen Abgeordneten eurer Wahlkreise zu schreiben.

 

Wir werden Euch hier weiter informieren.

Vorschlag für einen Brief an das BGM zur Gesetzesinitative. Bitte abändern und der eigenen Situation anpassen und schnell an das BMG abschicken. Danke

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Kommentare: 3
  • #1

    Jürgen (Freitag, 14 Dezember 2018 17:49)

    Prof. A. Ullmann (FDP) in der DAZonline 26.11.2018
    " Spahns Arzneimittelpaket ist Etikettenschwindel"

    ... Ohnehin handele es sich im GSAV in vielen Fällen um „Etikettenschwindel“. Die geplanten Regelungen zu Biosimilars und zur Hämophilie-Versorgung zeigen aus Sicht der FDP: „Es geht dort nicht um mehr Patientensicherheit, sondern um reine Kostendämpfung.“...

  • #2

    Doris (Freitag, 14 Dezember 2018 18:54)

    Die kleinen niedergelassenen Apotheken können die Versorgung der Bluter mit dem lebenswichtigen Gerinnungsfaktor nicht stemmen: Ihnen fehlt der nötige Kühlraum ebenso wie der finanzielle Rahmen für die Zwischenfinanzierung der Medikamente bis zur Erstattung durch die Kassen. Erste Hersteller von Gerinnungsfaktoren haben bereits eigene Großhandels-/Apothekenlizenzen für Deutschland erworben. Mit dem Gesetz forciert Spahn, dass die Pharma außer den Herstellungspreisen, die dann nicht mehr durch mit den Krankenkassen ausgehandelte Rabatte gemindert werden, auch noch die Apothekenmargen kassiert. Lobby-Politik?

  • #3

    Jakob M. (Samstag, 22 Dezember 2018 17:51)

    Meiner Meinung nach geht es Spahn hintergründig darum den Pharmafirmen endlich die lästigen Rabattverhandlungen mit den Behandlungszentren zu ersparen und ihnen somit zu etlichen Millionen Mehreinnahmen zu verhelfen. Er war doch schon früher als Lobbyist der Pharmaindustrie unterwegs. Und bei den Apothekern kann er sich so auch noch etwas beliebt machen.
    Sicherheit der Medikamentenversorgung! So ist das nicht überzeugend.