Wir stellen uns vor:

 

Die etwas andere Betroffenenvertretung: Verband der Opfer des Blutskandals, VOB e.V.

 

Seit Gründung des VOB e.V. im Jahre 2017 schließen sich hier Menschen zusammen, die sich während der 80er/90er Jahre unverschuldet durch Blut, Serum oder Blutprodukte mit HI- und/oder HCV-Viren infiziert haben. Dazu gehören auch Leistungsempfänger und -empfängerinnen der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen nach dem HIVHG sowie deren Familienangehörige. Der Anteil der Hämophilen unter den Leistungsempfängern und -empfängerinnen liegt bei ungefähr 65%. Etwa 35 % der Infizierten sind keine Bluter und wurden durch verunreinigte Blutkonserven infiziert oder sind z.B. als Angehörige sekundärinfiziert worden (zit. nach DHG, 2017). Diese Menschen sind ebenfalls vertreten und werden vom VOB e.V. berücksichtigt und aufgenommen. Der Verein arbeitet bundesweit mit ehrenamtlichen Mitwirkenden und einer hauptamtlichen Mitarbeiterin.

 

Die Vereinsarbeit ist in drei Aufgabenbereiche unterteilt:

 

Hilfe zur Selbsthilfe

Kooperation mit Politik

Kreative Kampagnen und Kontakte

 

1.1. Hilfe zur Selbsthilfe

 

Zwar hat sich der Gesundheitszustand der mit HIV infizierten Leistungsempfänger und -empfängerinnen aufgrund der besseren Medikation stabilisiert, dennoch bleibt das Bedürfnis nach Austausch unter Betroffenen bestehen.

 

Die Situation der mit HCV Infizierten stellt sich nach vierzig Jahren Leben mit diesem Virus ungleich problematischer dar. Die Folgeerscheinungen zeigen sich erst seit einiger Zeit, sodass viele Geschädigte mit schweren chronischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Mittlerweile stellt die HCV-Infektion mit ihren Folgen wie Leberzirrhosen und Leberkrebs die hauptsächliche Todesursache der Betroffenen dar.

 

Die heutigen Möglichkeiten der HCV-Therapie erfordern darüber hinaus umfassende Kenntnisse, Beratung und Nachsorge. Denn auch nach überstandener Therapie sind noch längst nicht alle gesundheitlichen Probleme beseitigt. Beispielhaft zu nennen sind die Leberschädigungen, die nicht heilbar sind, als auch die psychischen Spätfolgen jahrzehntelanger HCV-Infektionen und Probleme mit dem Stoffwechsel. Solange es kein nationales Kompetenzzentrum zur ganzheitlichen Versorgung der Betroffenen gibt, ist der persönliche Austausch über fähige Therapeuten und Therapeutinnen, sinnvolle Reha-Maßnahmen, Hilfen im Alltag usw. äußerst schwierig, da bei den Ärzten oft das umfassende Know-How fehlt.

 

Aus diesen Gründen lädt der VOB e.V. mit Unterstützung der Deutschen Aidshilfe (DAH) regelmäßig zu mehrtägigen Selbsthilfeseminaren ein, die dem Bedürfnis nach persönlichem Austausch sowie nach professioneller Begleitung Rechnung tragen. Die Verbindung von gemeinsam in geschützter Atmosphäre verbrachter Zeit mit Vorträgen durch sachkundige Referenten und Referentinnen wird als hilfreich erlebt.

 

2. Kooperation mit Politik

 

Mit dem Ziel, schwer erkrankten Hämophilen als auch Patienten, die während operativer Eingriffe kontaminierte Blutpräparate erhielten, zu besseren Lebensbedingungen zu verhelfen, arbeitet der Verein aktiv mit politischen Entscheidungsträgern und -trägerinnen zusammen. Dies ist eine langwierige, Geduld, Kreativität und Feinfühligkeit erfordernde Aufgabe. Hierzu arbeiten die Vorstände, ihre Assistentin und die Pressesprecherin mit den aktiven Mitgliedern Hand in Hand. Wesentliches Ziel ist eine zweite Gesetzesnovelle des HIVHG. Folgende Punkte gilt es zu ändern oder zu ergänzen:

 

2.1. Mitspracherecht - Betroffene vertreten sich selbst im Stiftungsrat und im Stiftungsvorstand

 

Das Stiftungsgesetz wurde 1995 vom Bundestag beschlossen, die Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen im gleichen Jahr ins Leben gerufen. Der Stiftungsrat setzt sich seit der ersten Novellierung des HIVHG im Juni 2017 aus sieben, der Stiftungsvorstand aus drei Mitgliedern zusammen. Keine der Leistungen empfangenden Personen war und ist Mitglied im Stiftungsrat oder -vorstand, um die eigenen Belange zu vertreten.

 

Hierbei stützt sich der VOB e.V. auf die UN- Behindertenkonvention Nicht ohne uns über uns, die 2008 in Kraft getreten ist. Sie definiert, dass Betroffene einen Anspruch auf ein Mitspracherecht bei Entscheidungsprozessen haben, vor allem, wenn es um ihre Belange geht. Weiter verweist der Verein auf das GIPA-Prinzip, welches bereits 1994 auf dem Paris Aids Summit beschlossen und von Vertretern und Vertreterinnen der damaligen Bundesregierung unterzeichnet wurde. Ausdrücklich sollen Menschen mit HIV und Aids auf allen Ebenen und bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt werden. Diesem Prinzip wird bis heute in der Zusammensetzung des Stiftungsrates nicht Folge geleistet.

 

2.2. Kompetenzzentrum - Medizinische und Soziale Beratung der mit HIV- und/oder HCV-Infizierten

 

Den komplexen Gesundheitsproblemen gemäß soll eine interdisziplinär arbeitende Anlaufstelle für die Opfer geschaffen werden. Analog zu den Kompetenzzentren für Contergangeschädigte soll diese sich um medizinische und soziale Belange kümmern. Dazu gehören die Vermittlung von Ärzten/Ärztinnen/Therapeuten/Therapeutinnen und Reha-Kliniken sowie kompetente Beratung in sozialen Fragen. Darüber hinaus sollen regelmäßige und zusätzliche Bedarfe bei der Entschädigung und Absicherung der Betroffenen ermittelt werden. Es ist absehbar, dass die Betroffenen aufgrund ihres Alters vermehrt auf gesundheitsfördernde Maßnahmen angewiesen sein werden, sowie Pflege und betreutes Wohnen gesichert sein müssen.

 

Sinnvoll ist, wenn das Kompetenzzentrum eng mit der Stiftung, aber auch mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zusammenarbeitet. Auch hier sind die Betroffenen bei Planung und Durchführung zu beteiligen.

 

2.3. Entschädigungsregelung für HCV-Opfer

 

Unabdingbar ist die gesetzliche Entschädigung der in den 80er/90er Jahren mit HCV infizierten Opfer des Blutskandals. Bereits etwa 1.500 Menschen sind viel zu früh an den Folgen gestorben. Die Infektionswege und ihre Ursachen sind mit denen des HIV-Blutskandals identisch. Seit Ende der 70er Jahre stand ein Viren-Inaktivierungsverfahren zur Verfügung. Bei einer konsequenten und frühen Anwendung dieses Verfahrens würden die meisten Opfer heute noch leben und viele wären nicht infiziert worden. Das oft angeführte Argument "… bei den HCV-Infektionen handelt es sich um unvermeidbare und schicksalhafte Ereignisse …" ist damit ad absurdum geführt.

 

Immer wieder und auf vielfältige Weise wendet sich der VOB e.V. an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, um das HIVHG den gegenwärtigen und zukünftigen Erfordernissen der Betroffenen anzupassen. Neben dem mündlichen wie auch schriftlichem Austausch mit den politisch Entscheidenden geht der VOB e.V. kreative Wege, um mehr Aufmerksamkeit für sein Anliegen zu erlangen.

 

3. Kreative Kampagnen und Kontakte

 

Zu den Geburtshelfern des VOB e.V. am 01.04.2017 in Berlin gehören betroffene Aktivisten und Aktivistinnen, deren Familien, Freunde und Freundinnen. Darunter sind auch die Initiierenden der ein Jahr zuvor gestarteten Blutskandal-Kampagne zu nennen, die mit einem Demonstrationszug zum Brandenburger Tor auf die dringende Novellierung des HIVHG aufmerksam machte. Darüber hinaus organisierten sie das Politcafé, an dem neben der DAH Politiker und Politikerinnen des Gesundheitsausschusses von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilnahmen. Gemeinsam erreichten sie die lebenslange Entschädigungsregelung einschließlich der regelmäßigen Anpassung an die Rente ab 2019 für die mit HIV infizierten Opfer.

 

Im November 2020 verfassen die Mitglieder des VOB e.V. eine informative und zugleich persönlich gehaltene Pressemappe mit dem Titel Aktueller Einblick in die Lebensumstände und Forderungen der Opfer des Blutskandals und versenden sie an alle 708 Bundestagsabgeordneten. Hieraus ergaben sich neue Kontakte zu Parlamentariern und Parlamentarierinnen aller Parteien.

 

Den Welt-Hepatitistag 2021 begeht der VOB e.V. mit einer Politischen Performance unter dem Titel Verantwortung verjährt nicht - Michaels Suche nach Glück im Leben am Brandenburger Tor in Berlin. Anhand der persönlichen Geschichte von Michael Diederich - Vorstandsvorsitzender des VOB e.V. - wurden die fatalen Folgen des Blutskandals anschaulich gemacht. MIt einer Schweigeminute im Angesicht ihrer Porträts wurde den verstorbenen Opfern gedacht. Diese Szenen wurden filmisch aufgezeichnet, damit sie in den sozialen Medien eine breite Öffentlichkeit erfahren. Sogar André Bechtold - Filmemacher - konnte gewonnen werden, diese Aktion zu begleiten und aufzuzeichnen. Eine Filmdokumentation ist geplant.

 

Mit solch publikumswirksamen Aktionen möchte der VOB nicht nur den zu Opfern gewordenen Menschen Gerechtigkeit verschaffen, sondern auch dafür sorgen, dass mehr Menschen für die gefährliche und oft zu spät entdeckte Krankheit sensibilisiert werden.

 

Aktive Mitglieder nutzten verstärkt das Potential, das in den sozialen Medien steckt, um auf unsere Anliegen aufmerksam zu machen. Hier tun sich unzählige Möglichkeiten auf, sich weltweit zu solidarisieren.

 

Die Opfer des Blutskandals e.V. blicken über ihren Tellerrand und sind mit anderen Institutionen wie mit der DAH, mit der Interessengemeinschaft Hämophiler (IGH) sowie mit Pharmaopfergruppen weiterer Medizinskandale vernetzt. Vor allem bestehen zu den Contergangeschädigten sowie zu den Mitgliedern der Anti-D-Hilfe viele Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte. In Zukunft soll die Zusammenarbeit noch intensiviert werden, auch um gemeinsam tragfähige Entschädigungslösungen zu finden. Eine gruppenübergreifende Pharmaopferkonferenz ist für 2023 in Planung.

 

Die Vision des VOB e.V. ist, dass alle unverschuldet Geschädigten Gerechtigkeit erfahren und ein Leben in Würde führen können.

 

Zusammengefasst:

 

Seit 2017 besteht der VOB e.V., er arbeitet bundesweit, mit ehrenamtlichen Mitwirkenden und seit neuestem mit einer hauptamtlichen Mitarbeiterin.

Alle, die die Ziele des Vereins vertreten, können Mitglied werden.

Funktionstragende dürfen nur Leistungsbezieher und -bezieherinnen der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen oder Mitglieder des Vereins werden.

 

Während zweimal monatlich stattfindender Videokonferenzen tauschen sich die Mitglieder aus, trifft sich der Vorstand und werden neue Aktionen vorbereitet.

 

Ein bis zwei Mal im Jahr finden Selbsthilfeseminare statt.

 

Der VOB e.V. ist erreichbar unter:

 

Verband der Opfer des Blutskandals e.V.

Wildhüterweg 7

23568 Lübeck

 

Email:info@nochleben.de

Homepage: www.nochleben.de

Ab sofort auch bei Facebook unter: VOB e. V.

 

Wer Lust hat, Zeit und Ideen mit einzubringen, ist herzlich willkommen!